Wohin mit meiner Wut?
Ich kann mich gut erinnern an meine unterdrückte Wut als Kind auf meine Mutter, weil sie sich alles gefallen liess. Die nie still sein konnte und auch durch geschlossene Türen redete.
An meine Wut auf meine Schwester, die ich geliebt aber auch gehasst habe und der ich im Zorn einmal eine Schwere nach warf, die dann aber Gottseidank im Bild hinter ihr feststeckte. Oder auf meine Wut auf einen Mitschüler, der mich mobbte, bis sie grösser war als meine Angst, so dass ich kräftemässig über mich hinausgewachsen bin. Nun, danach hat er mich nie mehr gemobbt 😉.
Wut ist nicht weiblich!?
Ansonsten war ich ein sehr angepasstes, braves Kind, das sich über Wut gleich schämte, auch wenn ich sie meistens nicht zeigte. Sie war ein hässliches Gefühl, das ein Mädchen nicht zeigen sollte, denn Wut ist nicht weiblich, macht hässlich. Brüllen, raufen, rebellieren war ein no go. Brav und lieb, so sollte ein Mädchen sein.
Weibliche Wut ist nicht salonfähig
Weibliche Wut wird gerne mit Hysterie betitelt. «Du bist wieder sooo emotional», wenn die Stimme nur mal etwas erhoben wird. Damit wird weiblicher Wut meistens der Zahn gezogen. Auch heute noch ist es gesellschaftlich nicht salonfähig, wenn eine Frau richtig sauer wird und klipp und klar ihre Meinung sagt, im Beruf sowieso nicht. Dazu braucht es ganz schön viel Mut.
Da muss Frau nicht einmal ausrasten oder gar die Fassung verlieren! Eine wütende Frau ist eine Zicke, eine Furie, hysterisch, emotional. Die Wut der Frau wurde jahrhundertelang pathologisiert und kriminalisiert. Das sitzt in unseren Zellen. Die Wut der Frau ist nicht attraktiv, kämpferisch wie beim Mann. Wir haben verinnerlicht, dass wir berechtigte Anliegen freundlich und ruhig vortragen müssen. Dass Wut unsere Glaubwürdigkeit untergräbt.
Wir verstecken sie aus Angst
Wir Sie nicht nach aussen, weil wir Angst haben, unsere Familie zu vergraulen, weil wir Angst haben, was die anderen denken, aus Angst vor Kontrollverlust. Weinen geht da eher.
Lege deinen Heiligenschein ab
In meiner Ausbildung hat meine wunderbare Mentorin Cornelia auf meine Aussage, dass ich schon lange keine Wut mehr verspüre gesagt, dass ich meinen Heiligenschein abnehmen solle. Das hat mich ziemlich getriggert! 😊
Doch die Frage wirkte. Ich ging in mich. Wut war vorhanden, natürlich. Wie recht sie hatte. Gegen mich gerichtet, verdeckt in Stellvertreterthemen, in Manipulationen. Ein brodelndes Feuer, tief vergraben unter Scham, Konditionierungen. Ich war so weit, dass ich bei einem Gefühl von Wut sofort alles beim anderen schön redete, meinen Gefühlen misstraute. «Er meinte es doch gar nicht so, sei nicht so empfindlich!»
Wut verleiht Kraft
Ich erinnerte mich, dass sie mir schon manchmal Kraft verlieh und Mut. Mich zu wehren für Gerechtigkeit, für ein Problem endlich die Lösung voranzutreiben, neue Wege zu gehen. Mich und meine Gefühle zu zeigen, Grenzen zu setzen, oder gar Beziehungen aufzulösen. Aber es brauchte viel, sehr viel.
Alle Gefühle machen einen Sinn.
Lass dir nicht einreden, dass Wut nicht dazugehört. Dass, wenn du ganz viel an dir arbeitest, gar keine Wut mehr verspürst. Diese Ansicht wird dir gerne in spirituellen Kreisen vermittelt. Das hat aber nichts mit Spiritualität zu tun. Alle Gefühle gehören zum Menschen. Alle Gefühle wollen dir etwas zeigen!
Es gibt Ungerechtigkeiten
Da nützt keine Achtsamkeitsübung, keine Meditation, kein Glas Wein, kein neues Kleid oder sich sonst was Gutes tun auf die Dauer. Selbstliebe heisst auch, für sich aufzustehen, für eine bessere Welt. Auch mal unbequem sein.
Wütende Frauen haben mit unglaublich viel Mut Frauenrechte eingefordert zu einer Zeit, in der das nicht nur gesellschaftliche, sondern ganz reale bedrohliche Konsequenzen hatte, finanzielle und in Bezug auf ihre Kinder. Die Frauen haben sich zusammengetan, sich getragen und Mut gemacht, gemeinsam für ihre Anliegen zu kämpfen und ihrer Wut Ausdruck zu verleihen.
Was tun?
Wohin also mit deiner Wut? Denn sie ist da, wie jedes andere Gefühl auch. Sie möchte dich auf etwas hinweisen! Gerade in den Wechseljahren gibt sie dir die Kraft, Dinge zu ändern, die schon lange nicht mehr stimmig sind, neues anzupacken, neue Ziele zu verfolgen. Dies Dank dem grösseren Anteil an Testosteron 😉😊
Fühl deine Wut, mach sie nicht weg, sonst setzt sie sich fest. Jahrelange latente, unterdrückte Wut macht krank, frisst auf, kann Depressionen verursachen. Hinter Angst und Ohnmacht, Trauer steht vielfach unterdrückte Wut. Sie sind nahe Verwandte, Stellvertreter.
Was will dir die Wut zeigen?
Alte Verletzungen heilen
Heile deine Verletzungen Schicht um Schicht. Bleibe bei dir und zieh schneller deine Grenzen, weil du es dir Wert bist. Als glücklicher Mensch verspürst du weniger Wut und Trauer, kannst dich besser reflektieren, wirst ruhiger und gelassener.
Du brauchst dich nicht dauernd zu entschuldigen
Hör auf dich für alles zu entschuldigen, wenn es nichts zu entschuldigen gibt. Das ist nicht arrogant. Ein Mann macht das auch nicht. Rede mit anderen Frauen über deinen Frust, über deinen Zorn. Das hilft.
Meditieren hilft gelassener zu werden
Aber sie sollen nicht die Wut über unerfüllte Bedürfnisse, einen zermürbenden Alltag oder mangelnde Wertschätzung überdecken. Erkenne deine Bedürfnisse und teile sie klar mit. Stehe für deine Wünsche ein. Fordere Unterstützung, ein Miteinander ein.
Ich betone, dass es nicht darum geht, Wut mit Gewalt gegen andere auszuleben. Aber denk daran, sie schützt vor Ungerechtigkeit und Ohnmacht.
Magst du eine Begleitung mit der es um ein Vielfaches leichter wird, schneller geht und wo dich jemand mit geballtem know how mit viel Gefühl an der Hand nimmt? Dann komm gerne auf ein Erstgespräch zu mir. Ich freue mich, von dir zu hören
Deine Verena