Meine Tochter und ich sind beste Freundinnen!
«Meine Tochter und ich sind beste Freundinnen. Wir erzählen uns alles, haben keine Geheimnisse voreinander!?»
Ich gebe zu, wenn ich das höre, dann habe ich ein ungutes Gefühl
Denn ich war die beste Freundin meiner Mutter. Vor allem während ihrer Kampfscheidung mit meinem Vater. Da war ich 13 Jahre alt.
Ich war stolz darauf, dass ich ihre Vertraute war. Dass sie mir all ihre Ängste und Sorgen erzählt hat. Über ihre Verletzungen aus der Beziehung zu meinem Vater. Ich dachte, ich kann sie trösten, es ihr leichter machen. Ich fühlte mich verantwortlich. Ich habe zu ihr gehalten.
Natürlich habe ich ihr auch Dinge aus meinem Leben erzählt. Weil man das ja unter besten Freundinnen so macht.
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Richtig wohl war mir nie dabei
Tief in meinem Inneren wollte ich das alles gar nicht wissen. Auch nicht so viele Details über mein Leben erzählen. Ich hatte aber Schuldgefühle, wenn ich es nicht tat. Wenn meine Mutter immer wieder nachgebohrt hat. Ich habe angefangen zu lügen. Viel zu verheimlichen. Mir ein Schattenleben aufzubauen.
Später bin ich weiter weggezogen, um räumliche Distanz zu schaffen.
Eine Form des Übergriffs
Es hat lange gebraucht, bis ich verstanden habe, dass die Grenze zwischen bester Freundin und Mutter auf beiden Seiten immer fliessend war. Dass unsere Rollen über weite Strecken vertauscht waren.
Erst spät habe ich verstanden, dass dies eine Form des Übergriffs war. Manipuliert und beeinflusst durch eine Kampfscheidung. Zu viel Verantwortung und eine grosse Überforderung auf meiner Seite. Viel zu jung, um es zu verstehen.
Lange hat es mein Leben beeinflusst. Bis ich es in meinen Wechseljahren aufarbeiten und loslassen konnte. Bis ich meiner Mutter verzeihen konnte.
«Frieden mit deiner Mutter ist das grösste Tor zur Freiheit,» sagt Robert Betz. Wie recht er doch hat!
Ich weiss heute, dass meine Mutter mir nie schaden wollte. Es entstand aus ihrer grossen Not. Ich schreibe das auch nicht, um sie an den Pranger zu stellen. Auch nicht, um mit dem Finger auf Mütter zu zeigen. Sondern um darüber nachzudenken.
Grenzen sind rasch überschritten, ganz unbewusst
Aus eigener Erfahrung als Tochter, als Mutter und aus der meiner Klientinnen weiss ich, wie schnell Grenzen überschritten sind, ganz unbewusst. Nicht bös gemeint.
Freundschaftliche Beziehungen sind heute zwischen Eltern und Kindern möglich
Es ist schön, dass eine enge und freundschaftliche Beziehung zwischen pubertierenden und erwachsenen Kindern und Eltern möglich ist. Ein friedliches und liebevolles Miteinander auf Augenhöhe. Dass nicht eine Welt dazwischen liegt wie in früheren Generationen. Nicht mehr so viel Kampf und Unverständnis auf beiden Seiten.
Eltern in der zweiten Lebenshälfte sind jung geblieben und haben vielfach ähnliche Interessen und Geschmäcker wie ihre ‘Kinder’.
Deshalb sind die Grenzen zwischen ‘freundschaftlich und beste Freundin’ vor allem bei Müttern und Töchtern manchmal fliessend. Ein Loslassen und Abnabeln kann dadurch aber für beide Seiten schwierig sein.
Nicht selten lassen auch die Töchter ihre Mütter nicht los.
Es gibt Grenzen, was ich meiner Tochter erzähle und sie hat ihre
Ich liebe meine Tochter über alles und bin sehr stolz auf sie. Meinen Sohn selbstverständlich auch. Doch heute geht es um Mütter und Töchter . Natürlich haben wir heute auch tiefe Gespräche zwischen zwei erwachsenen Menschen, die sich lieben und vertrauen.
Doch es gibt Grenzen, was ich ihr über mich erzähle und ich respektiere ihre Grenzen. Ich weiss, dass sie ihren eigenen Weg finden will. Sie darf sich abnabeln und ihre ganz eigenen Erfahrungen machen. Dinge neu entdecken, ohne dass ich ihr meine Erfahrungen überstülpen möchte.
Ich weiss, dass ich 30 Jahre älter bin als sie. Ich respektiere, dass es Dinge gibt, die sie nur mit ihren besten Freundinnen besprechen will. Ich halte es aus, wenn ich nicht alles von ihr weiss. Ich lasse mich gerne von ihr in Kleiderfragen beraten, ohne dass ich mich so kleiden und aussehen muss wie sie.
Diese Fragen darfst du dir immer wieder stellen:
- Traue ich meiner Tochter ein eigenes Leben nach ihren Wünschen zu?
- Traue ich meiner Tochter zu, dass sie ihr Leben alleine meistert?
- Darf meine Tochter sich abnabeln? Und darf ich den Schmerz darüber fühlen und zulassen?
- Was brauche ich, um loslassen zu können?
- Was bedeutet es für mich, dass ich älter werde? Bin ich in Frieden damit?
- Habe ich Frieden geschlossen mit meinem Körper?
- Kann es sein, dass ich vielleicht an der Jugend meiner Tochter andocken möchte? Um mich nicht mit meinem älter werden auseinandersetzen zu müssen?
- Will meine Tochter wirklich die intimsten Details aus meinem Leben wissen?
- Will meine Tochter dir wirklich die intimsten Dinge aus ihrem Leben erzählen?
- Will ich diese erzählen oder wissen?
- Wo möchte ich sie beeinflussen?
- Wo bin ich übergriffig?
- Fühle ich mich selber für mein Glück verantwortlich? Oder ist es meine Tochter?
- Habe ich eine beste Freundin oder einen Partner, dem ich von meinen Problemen erzählen kann? Oder ein Coach, der mir hilft, Lösungen zu finden?
Grenzen mit erwachsenen Kindern offen kommunizieren
Es ist wichtig, dass wir Grenzen auf beiden Seiten ansprechen können. Ein Gespräch unter Erwachsenen. Ohne Angst vor Liebesverlust. Kein Schweigen um die Harmonie nicht zu gefährden. Gar nicht so einfach. Doch es kann gut sein, dass sonst irgendwann der Kragen platzt und die Gefahr besteht, dass für lange Zeit nur noch Distanz möglich ist.
Bei jüngeren Kindern liegt die Verantwortung für Grenzen bei uns Müttern. Beste Freundin mit pubertierenden Töchtern gibt es meiner Meinung nach nicht. Man hätte auch sonst nie eine beste Freundin in diesem Alter.
Loslassen heisst Abschied nehmen und das tut weh
Abschied nehmen von einer Zeit, die unser Leben ausgefüllt hat. Uns viel Lebenssinn, Liebe und Nähe gegeben hat. Doch loslassen heisst nicht verlieren. Wir verlieren unsere Kinder, wenn wir sie nicht loslassen.
‘Sind die Kinder klein, müssen wir ihnen helfen Wurzeln zu fassen. Sind sie aber gross geworden, müssen wir ihnen Flügel schenken’ trifft es dieses Sprichwort aus Indien.
Loslassen macht die Hände frei. Abschied für einen Neuanfang. Mit neuen Prioritäten und Abenteuern. Mit dir im Mittelpunkt. Wechseljahre sind intensive Zeiten der Veränderung und des Neuanfangs.
Ich möchte Mutter meiner Tochter sein
Denn eine Mutter hat man nur einmal. Beste Freundinnen sind für mich Freundinnen in ähnlichem Alter. Die man sich aussuchen kann. Die kommen und manchmal auch wieder gehen dürfen. Als Mutter bin ich gekommen, um zu bleiben
Deine Verena
P.S.: Was denkst du über 'beste Freundinnnen' bei Mutter und Tochter?
Meine Geschenke für dich
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